Ich bin etwas irritiert von der grassierenden Unlust in liberalen „Bösmenschenkreisen“, die Resultate des IPCC zu akzeptieren. Das einzige, was man von dort so lesen und hören kann, ist eine Mischung von Ablehnung des IPCC Klimaberichts und Spötteleien über Leute, die sich Sorgen machen. Man scheint auf Widersprüche in Klimaanalysen (die keiner je vollständig gelesen hat) zu hoffen und ansonsten darauf zu pochen, daß es auf keinen Fall das Recht eines Staates sein könne, Preise für die eigene Ausatemluft oder die unserer Autos und Fabriken festzulegen. Und es ist ja auch irritierend: Plötzlich sind irgendwie alle grüner als die Grünen, die man so lange und so lustvoll als fortschrittsfeindliche Juteträger verlacht hat, die sich vor lauter Trauer über aus ihren ursprünglichen Lebensräumen vertriebene Graureiher neue Muster in selbstgewobene Batiktücher weinen. Vorbei. Grün sein ist relevanter denn je. Ein Rammbock aus mehreren Hitzewellen, El Nino, hungernden Eisbären und schließlich IPCC hat es geschafft, Klimawandelbekämpfung zu einer Art Religion zu machen, der zu entziehen gewisse Rechtfertigungen erfordert. Das stört.
Bei Statler & Waldorf beispielsweise wittert man schon einen Widerspruch und Gutmenschentum in den Taten eines unidentifizierbarer Sängers, der auf der Bühne eines LiveEarth-Konzerts ein T-Shirt getragen hat, worauf „Say no to nuclear power plants“ zu lesen war. Schließlich müsse man sich entscheiden, ob man CO2-Reduktion oder Kohlekraftwerke wolle. Ergo: Gutmenschen! So stimmt das aber natürlich nicht. Die Tatsache mal außer Acht gelassen, daß der unbekannte Sänger ja gar keine Kohlekraftwerke gefordert hat, sondern nur seine Ablehnung der Kernkraft formulieren wollte (für die es ja durchaus mehr als nur pathologische Gründe gibt), ist es durchaus nicht so, daß Energiegewinnung aus fossilen Energieträgern die Atmosphäre mit viel CO2 belasten muß. Es gibt bereits funktionierende Technologien, die es gestatten, CO2 nicht in die Luft zu blasen, sondern im Sediment zu deponieren. Statoil macht bereits seit 10 Jahren vor, wie’s funktioniert. Dort wird im Sleipner-Ölfeld CO2 ins Meeressediment gepumpt. Und kein Zeichen ist zu sehen, daß das reingepumpte Zeug wieder hochbläst. Eher ist anzunehmen, daß sich das CO2 dort im porösen Gestein in den nächsten Jahrzehnten und Jahrhunderten löst und in Zeitspannen von tausenden von Jahren reagiert und neue Mineralien bildet. Ergo hat man gleichzeitig die drei Hauptnachteile von Kernkraft (Abfallendlagerung, Terrorismusgefahr und hohe Kosten) und die von Kohlekraft (Umweltverschmutzung) im Griff. Das ist ein gutes Beispiel, daß gewisser öffentlicher Druck auf Firmen durchaus zu interessanten Innovationen führen kann.
Selbst wenn man die Resultate des IPCC für völlig verkehrt hält, darf man trotzdem die Überzeugung vertreten, daß höhere Besteuerung des Verkaufs von Bodenschätzen (insbesondere Öl) gut sein muß. Billige Bodenschätze hemmen Innovation von energiesparenden Produkten. Ergo: Setze Energiepreise rauf und begünstige damit Firmen, die energiesparende Produkte entwickeln. Zu besichtigen ist dieser Effekt schon jetzt bei GE, Siemens und Alstom, die durchaus nicht aus Menschenfreundlichkeit auf „grüne Energie“ setzen. Im Gegenteil machen sie große Gewinne durch den Verkauf von energiesparenden Kraftwerksausrüstungen, Lokomotiven und Flugzeugturbinen. (http://www.economist.com/surveys/displaystory.cfm?story_id=9217992). Zum anderen sollte jedem gleich einleuchten, daß es zwar viele, aber nicht unbegrenzt viele Bodenschätze auf der Erde gibt. Es ist, gelinde gesagt, dämlich, das gute Erdöl in Verbrennungsmotoren mit maximal 30% Wirkungsgrad zu stecken und im wesentlichen eine fahrende Heizung damit zu betreiben. Erdöl ist ein wunderbarer Grundstoff für chemische Synthesen aller Art und praktisch unersetzlich. Es wäre sehr schädlich, wenn wir uns, nur weil wir einige wichtige Entwicklungen verschlafen haben, uns in 30 Jahren ohne wiederfinden. Nur mit einem für heutige Verhältnisse richtig schmerzhaften Ölpreis wird ein genügend hoher Innovationsdruck erzeugt, der Firmen Gründe gibt, Technologien, die heute noch in Kinderschuhen stecken, zur Marktreife zu bringen (ich da besonderns an hochleistungsfähige akku- und – mit in Anbetracht der deutlichen konzeptuellen Schwierigkeiten deutlichen Abstrichen – brennstoffzellenbetriebenen Elektroautos).
Ein dritter, nicht zu vernachlässigender, Aspekt ist die Tatsache, daß viele Rohstoffe die unangenehme Eigenschaft besitzen, in hochgradig unzuverlässigen und diktatorischen Ländern vorgefunden zu werden. In diesen Ländern können sich Diktaturen sehr gut halten, weil sie den Zugriff auf Rohstoffe monopolisiert und sich damit stetigen Kapitalzufluß gesichert haben, mit dem vortrefflich die Terrorisierung der eigenen Bevölkerung und die der Nachbarländer und aktueller Feinde wie den USA finanziert werden kann. Wer also sich zunehmend von Rohstofflieferungen unabhängig macht, tut nicht nur der Umwelt ein gutes Werk, sondern darf sich auch als Austrockner von Diktaturen feiern lassen.
aus was für köpfen setzt sich deine meinung zusammen? newton, weißte.. wir stehen auf den schultern von titanen.. frag ich mich nur. ists viel the economist? ich bin nämlich so skeptisch was die CO²-Abscheidung angeht. Alle Artikel die ich gelesen hab waren immer so „boah! kp ob das zeug hoch kommt! die ganze stadt kann ersticken!“ spektrum der wissenschaft hat auch eher in richtung regenerative formuliert anstatt darauf zu setzen. ich wär für richtig gute schwimmende wasserkraftwerke, wir haben 3/4 ozeane und bald noch ein bisl mehr wenn grönland schmilzt und der antarktisblock abbricht, warum nicht raus aufs wasser? die holländer machens vor. druck auf die energiepreise klingt auch in diesem szenario wunderbar 😉
Wie meinen? Auf welcher Basis ich meine Meinung gebildet habe?
1.
Zitierter S&W-Artikel samt Kommentaren. Das war der Auslöser.
2. Dagegen zum Thema menschengemachter Klimawandel: http://www.sciencemag.org/cgi/content/full/306/5702/1686
3. Climate Change Focus: http://topics.nytimes.com/top/news/science/topics/globalwarming/?inline=nyt-classifier
4. EU Biotreibstoffinitiative:
http://www.nytimes.com/2007/05/30/business/worldbusiness/30biofuels.html?pagewanted=2&ei=5088&en=e3ff33d0a172b83b&ex=1338177600&partner=rssnyt&emc=rss
5. Das, was du vermutlich meintest: Economist Survey:
http://www.economist.com/printedition/index.cfm?d=20070602
6. Grüne Energie:
http://network.nature.com/boston/news/articles/2007/02/14/green-energy-in-the-bay-state
7. Mehr grüne Energie:
http://www.nature.com/nature/journal/v447/n7148/full/4471046a.html
Viel Spaß beim Lesen!
..ich hol mir mal nen tee!
CO2 ist ein normaler Bestandteil von Erdgas- und Erdöllagerstätten, also ist das nicht weiter verwunderlich. Es gibt auch natürliche CO2 Lager, aus denen weiterhin CO2 für die Verwendung als technisches Gas gepumpt wird. Allerdings sieht die Lage gänzlich anders aus, wenn das so deponierte CO2 auf Wasser trifft. Das könnte ein Problem werden.
Tja. Dann wird der pH Wert des Wassers sinken und wenn man, wie in den Weltmeeren, sensible Ökosysteme hat, kann recht schnell der Punkt der Übersäuerung überschritten werden. Auch ein wichtiges Phänomen, das man bedenken sollte, wenn man steigende CO2-Gehalte in der Atmosphäre für unbedenklich hält.
Man kann aber offenbar zeigen, daß ins Sediment gepumptes CO2 eher dazu tendiert, da unten zu bleiben und nicht wieder nach oben zu kommen. Wichtiger Punkt, dennoch.
In Kiel haben sie vor ein paar Monaten nen Bericht von Untersuchungen in der Ostsee rausgebracht, bei denen PH-Wert und erhöhte Wassertemperatur übel die Flora und Fauna kaputt machen und zwar so schnell, dass eine Einstellung der Arten dort kaum erfolgen kann. Adieu.. mes chers amis.
Ich bin arg skeptisch, was diese allgemeine Tendenz angeht. Wenn die Lagerstätten dicht sind, gut, aber der Boden arbeitet ja auch. Tektonik macht Risse, ein kleines Seebeben weil ein Hang rutscht (grad bei unseren ostseeschelfen, denk ich) oder Metaneis blubbert aus irgendwelchen Spalten und prompt hat man die Suppe oben. Ich halte das für extrem gefährlich und kann mir kaum vorstellen, dass derartig große Lagerstätten mit Echolot&Co soweit gecheckt werden können, dass man sich da sicher sein kann. Zumal immer irgendwer Mist macht, grad wenns ums Geld geht. Das wird saumäßige Katastrophen geben, die mit Tankerunglücken sicherlich mithalten können – Prognose! Regenerative und Effizienz!